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Römische Rechtstradition und Zivilrechtswissenschaft in Russland vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1922

Das Projekt „Römische Rechtstradition und Zivilrechtswissenschaft in Russland vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1922“ hat sich einem Gegenstand gewidmet, der in der rechtshistorischen Forschung bislang kaum Beachtung fand. Die Frage nach der Rezeption des Römischen Rechts in Russland hat dabei den Weg zu einem spannenden und facettenreichen Feld innerhalb der Rechtswissenschaft geebnet. Um ein zeitgemäßes Recht zu schaffen, der Forderung nach Reformen zu begegnen und das Entstehen einer Zivilgesellschaft zu befördern, standen die Juristen vor der Aufgabe, das russische Zivilrecht zu modernisieren. Dem Römischen Recht kam hier eine herausragende Bedeutung für die damit verknüpfte Rechtsentwicklung zu. Das Hauptaugenmerk der Projektarbeiten konzentrierte sich darauf, inwieweit die Rezeption im Sinne einer Verwissenschaftlichung des geltenden Rechts durch Heranziehung von Elementen des Römischen Rechts betrieben wurde. Es konnte gezeigt werden, wie russische Zivilrechtler die ihnen schrittweise eingeräumte Möglichkeit für sich entdeckten, System und Einrichtungen des russischen Rechts durch Rückgriff auf romanistisches Rechtsdenken den sich im Wandel befindlichen gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen. 

Die Forschungsergebnisse tragen dazu bei, den Blick für die gewachsenen europäischen Grundlagen des neuen russischen Zivilrechts zu schärfen. Die an der Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen Kodifikationsentwürfe werden noch heute für die Zivilgesetzgebung herangezogen, so bei der Erarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Russische Föderation, von dem seit dem Jahr 1994 mehrere Teile in Kraft getreten sind. Auf diesem Wege werden die Strukturen des kontinentaleuropäischen Rechts dem modernen Zivilrecht nicht lediglich aus dem westlichen Ausland, sondern über eine eigene russische Wissenschaft vermittelt.

Das Projekt ist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert worden.

 

Im Rahmen des Projekts sind erschienen:

M. Avenarius: Rimskoe pravo v Rossii (Römisches Recht in Rußland), Moskva (Izdatel'stvo "Academia") 2008 

M. Avenarius: Fremde Traditionen des römischen Rechts. Einfluß, Wahrnehmung und Argument des "rimskoe pravo" im russischen Zarenreich des 19. Jahrhunderts, Göttingen (Wallstein Verlag) 2014

 

Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und der Geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Staatlichen Universität für Humanwissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften arbeitet das Institut mit dem Moskauer Zentrum der Geschichte des Römischen Rechts und der europäischen Rechtssysteme zusammen.